Unter den buntscheckigen, staatlich kommunalen Gebilden Schleswig-Holsteins war die Landschaft Stapelholm vielleicht die originellste, weil sie an „berechtigten Eigentümlichkeiten“ noch reicher war als die übrigen Ämter und Landschaften.
Christoph von Tiedemann (1905)
Die Landschaft Stapelholm liegt im Herzen Schleswig-Holsteins am längsten und bedeutendsten Fluss des Landes, der Eider. Sie umfasst ca. 170 qkm und ist damit nicht groß, aber doch als naturräumliche Einheit unverwechselbar und als Kulturlandschaft zudem lange Zeit eigenständig. Sie hat derzeit ca. 9.800 Einwohner, d. h. sie hat eine Bevölkerungsdichte von 58 EW/ qkm (Stand 31.12.2008). Die Landschaft Stapelholm erstreckt sich über die neun Dörfer Bergenhusen, Erfde, Meggerdorf, Stapel, Tielen, Wohlde, Drage, Seeth und die einzige Stadt der Landschaft, Friedrichstadt, und damit über die zwei Kreise Schleswig-Flensburg und Nordfriesland. Derzeit unterstehen die Gemeinden den Ämtern Kropp-Stapelholm und Nordsee-Treene, Friedrichstadt bildet eine Verwaltungsgemeinschaft mit dem Amt Nordsee-Treene. Aber naturräumlich ist die Landschaft Stapelholm eine unverwechselbare Einheit mit Alleinstellungsmerkmalen: Moräne (Holme) und Fluss, Moor und Koog. Die landschaftlichen Bausteine Stapelholms, die einen spezifischen Naturraum ergeben, wiederholen sich in ganz Schleswig-Holstein kein zweites Mal.
Das besondere Kennzeichen der Landschaft Stapelholm ist, dass dieser Natur- und Kulturraum nicht durch politisch willkürliche Schilder, sondern durch die drei Flüsse Eider, Treene und Sorge begrenzt wird. Einzigartig ist der Kern dieser Landschaft, den die zwei großen Geestinseln der Hohen Geest bilden: der eigentliche Stapelholm, ein Bogen von Seeth über Stapel nach Bergenhusen und Wohlde, sowie die Erfder Geest, dazu die kleine, etwa 2 km breite Insel Meggerdorf innerhalb der Flussniederung Eider-Treene-Sorge. Die zwei Hauptgeestinseln bilden die Form eines Kleeblattes mit dem nordwestlichen Blatt Stapel, Drage, Seeth und Friedrichstadt, dem nordöstlichen Blatt Bergenhusen und Wohlde sowie dem südlichen Blatt Erfde/Bargen und Tielen. Die die Geestinseln umgebende Flussniederung umfasst die Urstromtäler der Eider und der Treene sowie die Niederungen der Sorge. Die Höhen der Geestinseln, auch Holme genannt, schwanken zwischen 6 und 41 m ü. NN. Der Twiebarg bei Norderstapel ist 29 m hoch und die höchste Erhebung Stapelholms befindet sich zwischen Bergenhusen und Blumental und misst 41 m ü. NN.
Erstmals urkundlich erwähnt wurde Stapelholm am 12. Mai 1260 in der Urkunde, die die Verpfändung des Landes zwischen Schlei und Eider von Königin Mathilde von Dänemark an die holsteinischen Grafen Johann und Gerhard bezeugt (diese Urkunde liegt heute im Reichsarchiv in Kopenhagen).
Der Name Stapelholm leitet sich von den zwei Wortteilen H o l m und S t a p e l ab. Als Holm werden Inseln oder Halbinseln bezeichnet, die Hauptbedeutungen für Stapel liegen bei „Stapelplatz/Anlegeplatz“ und „Gerichtssäule bzw. -stätte“. Vieles deutet darauf hin, dass das ehemalige Süderstapel (heute Teilort von Stapel) lange Gerichtsort Stapelholms war, hier die Bedeutung „Gerichtssäule“ nahe liegend ist.
Bis 1867, als Schleswig-Holstein an Preußen angeschlossen wurde, war Stapelholm in gewissem Umfang selbständig und hatte ein eigenes Landrecht, d. h., es war eine Landschaft, die als Territorium bezeichnet wurde und im Besitz besonderer Privilegien war. Das wird politisch heute verwaltungsmäßig nicht mehr deutlich, steckt den „Ureinwohnern“ aber immer noch in den Genen und in Herz und Kopf, die Neubürger begreifen sehr wohl, dass Stapelholm und die Eider-Treene-Sorge-Niederung etwas ganz besonderes sind.
Malerische Dörfer und eine intakte Natur prägen die Landschaft Stapelholms. Auf kleinem Raum finden sich neben den Feuchtgebieten der Niederungen mosaikartig verschiedene und naturnahe Lebensräume. So liegen auf den Geestkernen naturnahe Bauernwälder, die im Mittelalter als Hudewälder genutzt wurden, und von denen dank Rodung zur Brennholzgewinnung und Ackerlandgewinnung heute nur noch wenige Reste vorhanden sind. Hier ist der Primärwaldrest bei Bergenhusen besonders wertvoll. Die Felder Stapelholms werden von, für die Kulturlandschaft Schleswig-Holsteins, typischen Knicks eindrucksvoll geprägt. Das dichteste und besterhaltene Knicknetz befindet sich auf dem Erfder Holm. Ein weiterer Lebensraum ist auf dem Twiebarg bei Norderstapel zu finden, ein Trockenlebensraum in Form von alten Dünen-Trockenheiden. Der Charaktervogel der Stapelholmer Dörfer ist der Weißstorch (Storchendorf Bergenhusen). Daneben ist Stapelholm ein wertvolles Brutgebiet für Wiesenvögel wie Kiebitz, Großer Brachvogel und Uferschnepfe sowie ein bedeutender Rastplatz für die sibirischen Zwergschwäne, die in den Monaten Februar bis April zu Tausenden in den Niederungen des Meggerkooges und den benachbarten Feuchtgebieten zu beobachten sind.
Stapelholm ist uraltes Bauernland, deshalb zeichnet sich die Landschaft durch eine ungewöhnlich reiche Bauernhauslandschaft aus. So gibt es noch Jahrhunderte alte sächsische Fachhallenhäuser, wie jütische Querdielenhäuser und einen Haubarg in den Stapelholmer Dörfern. Typisch sind aber auch die Bauernglocken, von denen unterschiedlich alte Exemplare in Drage, Erfde, Seeth und Stapel stehen. Sie dienten der Bekanntmachung von drohenden Gefahren wie beispielsweise Bränden, Ankündigung von Zusammenkünften der Gemeinden und angeblich auch Angriffen durch die Dithmarscher.
Quelle: Prof. Dr. Wolfgang Riedel, Vortrag in Seeth am 18.03.2010